Keynes
Gesellschaft

B.II. Kernaussagen der „General Theory“

 

1936 legt Keynes in seinem Hauptwerk das Ergebnis seiner theoretischen Analyse vor, die vielfach als „Keynes’sche Revolution“ bezeichnet wird. Vier zentrale Ergebnisse seiner „Allgemeinen Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes“ werden hier vorgestellt. Eine etwas ausführlichere Darstellung findet man im fünften Abschnitt (auf der Seite 71-110) des Buches „Die größten Ökonomen: John Maynard Keynes“ von Jürgen Kromphardt (Konstanz und München 2013). Anschließend werden Literaturhinweise gegeben und die zitierte Literatur aufgelistet. Den Abschluss bilden zwei „Links“ zu zwei kurzen Texten zum Thema dieser Rubrik.

A) Die Güternachfrage bestimmt das Niveau von Produktion und Beschäftigung – abgesehen von einer Situation der Vollbeschäftigung

Die Zahl der Beschäftigten in einer Volkswirtschaft wird von dem Quantum an Gütern (Waren) und Diensten bestimmt, das die Unternehmen erwarten verkaufen zu können; entsprechend dieser erwarteten Güternachfrage produzieren sie und beschäftigen sie Arbeitskräfte. Entscheidend ist daher die effektive Nachfrage, mit der die Unternehmen tatsächlich rechnen und die sie ihrer Produktionsplanung zugrunde legen. Die effektive Nachfrage umfasst die inländische Nachfrage nach Konsum- und Investitionsgütern sowie die Nachfrage des Auslands. Davon zu unterscheiden ist die gewünschte Nachfrage bei gewünschten Einkommen der Haushalte, mit der die neoklassische Theorie operiert. Nur wenn alle Ressourcen einer Volkswirtschaft voll beschäftigt sind, begrenzt die Ressourcenausstattung Produktion und Beschäftigung.

B) Die Investitionen bestimmen Volkseinkommen und Ersparnis, nicht umgekehrt

Die Nachfrage der privaten Haushalte nach Konsumgütern ist zwar die umfangreichste Nachfragekategorie, sie folgt jedoch im Wesentlichen der wirtschaftlichen Entwicklung, denn sie wird vor allem vom verfügbaren Einkommen bestimmt, das den Haushalten in Form von Löhnen, Zinsen, Gewinnen und Transfereinkommen netto zufließt.
Eine entscheidende Rolle für die wirtschaftliche Dynamik spielen dagegen die Sachinvestitionen. Diese werden von der Differenz zwischen Marktzins und erwarteter Rendite bestimmt. Ihre Abhängigkeit von den Renditeerwartungen macht sie zur Quelle der Instabilität: „In the case of durable assets it is … natural and reasonable that expectations of the future should play a dominant part in determining the scale on which new investment is deemed advisable. But … the basis for such expectations is very precarious. Being based on shifting and unreliable evidence, they are subject to sudden and violent changes“(1936, S.315).

Die Schwankungen der Investitionsgüternachfrage breiten sich über die gesamte Volkswirtschaft aus; denn wenn die Produzenten von Investitionsgütern ihre Produktion reduzieren, dann verlieren dort Arbeitskräfte ihren Arbeitsplatz oder ihr Einkommen verringert sich durch kürzere Arbeitszeiten. Sie können dann weniger Konsumgüter kaufen; folglich geht die Nachfrage nach Konsumgütern und anschließend die Produktion dieser Güter ebenfalls zurück. Die sinkende Investitionsgüternachfrage löst also eine Spirale nach unten aus, in deren Verlauf die Einbußen an Einkommen und Produktion größer sind als der ursprüngliche Nachfrageeinbruch. Es ist das Verdienst von Kahn (1931), erstmals diesen multiplikativen Prozess nach unten (analoges gilt für einen Prozess nach oben) präzise analysiert zu haben, der die entscheidende Rolle der effektiven Güternachfrage für Produktion und Beschäftigung unterstreicht.

Im Zuge des Multiplikatorprozesses ändern sich die Einkommen und die Spartätigkeit der privaten Haushalte. Die Ersparnisse passen sich an die Investitionen so lange an, bis die Lücke zwischen Investitionen und Ersparnissen, die den Prozess ausgelöst hat, wieder geschlossen ist. Erst dann kann die Produktion insgesamt abgesetzt werden und die Produktions- und Beschäftigungspläne der Unternehmen müssen nicht nach unten bzw. nach oben revidiert werden.

Keynes weist aus zwei Gründen die neoklassische These zurück, die bereits im Say’schen Gesetz ihren Ausdruck fand, wonach diese Lücke durch den Zinsmechanismus und damit durch Anpassung der Investitionen an die Ersparnis geschlossen wird. Seine Argumente sind: Erstens wird der Zinssatz nicht direkt durch Ersparnisse und Investitionen bestimmt, sondern durch Angebot und Nachfrage nach Geld. Dabei bestimmt die Zentralbank das Geldangebot, während die Geldnachfrage sich aus dem Bedarf an Geld für Transaktions-, Vorsichts- und Spekulationszwecke ergibt. Zweitens sind häufig die Schwankungen der Renditeerwartungen viel zu stark, als dass sie durch Variation des Zinssatzes kompensiert werden könnten.

Dieser multiplikative Prozess wird immer wieder entweder aus theoretischen Gründen bestritten oder durch zweifelhafte empirische Analysen kleinzurechnen versucht. Klar ist, dass in einer offenen Volkswirtschaft der Multiplikator kleiner ist, da ein Teil der zusätzlichen Nachfrage ins Ausland fließt. Weiterhin verringert sich der Multiplikator, wenn der Staat seine mit den zusätzlichen Einkommen steigenden Einnahmen aus Steuern und Sozialbeiträgen verwendet, um seine Schulden zu reduzieren, statt mehr Geld auszugeben. Beispielhafte Überlegungen von Keynes, die von einer marginalen Konsumquote von näher an Eins als an Null ausgehen und daher einen Multiplikator von mindestens 2,5 ergeben, sind daher zu optimistisch. Realistischer ist es, von einem Multiplikator über Eins, aber unter Zwei auszugehen.

Diesem kreislaufanalytisch abgeleiteten Ergebnis wird entgegengehalten, es berücksichtige nicht, dass kreditfinanzierte Staatsausgaben Bürger und Unternehmer verunsichere, weil sie höhere Schulden des Staates für bedenklich halten, und das belaste Konsum- und Investitionsausgaben (siehe zu dieser Diskussion auch die Rubrik C.V.I.2) Dieser Effekt ist a) schwer zu quantifizieren und b) ist ihm entgegenzuhalten, dass Untätigkeit des Staates in einer Krise die Privaten ebenfalls verunsichern dürfte.

Zahlreich sind daher die Versuche die Größe des Multiplikators empirisch zu bestimmen (s. dazu Horn u.a., 2014 sowie Illing/Watzka, 2013). Das geschieht zum einem durch Simulationen mithilfe ökonomischer Modelle, deren Verhaltensgleichung auf theoretischen Überlegungen beruhen. Das Ergebnis von Simulationen ist jedoch von der Modellstruktur abhängig und daher genau strittig wie die makroökonomischen Modelle selbst.

Die Zunahme des Bruttoinlandsprodukts, die sich in den (zum Beispiel) 5 Jahren nach einer Erhöhung der staatlichen Investitionen ergeben hat, wird ins Verhältnis zu dieser gesetzt. Das Grundproblem einer solchen Vorgehensweise besteht darin, dass die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts von vielen weiteren Faktoren bestimmt wird. Wenn es zum Beispiel gelingt, durch zusätzliche staatliche Investitionen ein konjunkturbedingtes Sinken des Bruttoinlandsprodukts zu verhindern, so ist scheinbar der Multiplikator der Investitionen gleich Null, da sich das Bruttoinlandsprodukt nicht erhöht hat.
Dieser irreführende Eindruck ist möglicherweise ein Grund dafür, dass der Multiplikator häufig unterschätzt wird. So haben Blanchard/Leigh (2013) (ersterer als Chefvolkswirt der OECD) zugegeben, die OECD habe die Multiplikatoren kontraktiver Maßnahmen stark unterschätzt; sie lägen tatsächlich deutlich über 1. Hauptopfer dieser Fehlprognose und der damit gerechtfertigten Sparpolitik war Griechenland. (siehe zum Beispiel Priewe/Stachelsky 2015)

 

C) Flexible Preise und Löhne ändern an diesen Zusammenhängen nichts

Noch weniger können die Schwankungen der Investitionstätigkeit und damit der Beschäftigung vom privaten Sektor endogen durch flexible Löhne und Preise ausgeglichen werden, weil – im Gegensatz zu den Thesen der klassischen und neoklassischen Lehre – eine Senkung des allgemeinen Lohnniveaus keinen sicheren positiven Beschäftigungseffekt hat.

Dabei liegt der Unterschied zur damals herrschenden Lehre nicht in der Vermutung, eine allgemeine Senkung der Nominallöhne sei wegen des Widerstands der Gewerkschaften und der Arbeiter nicht durchsetzbar; diese Rigidität der Löhne nach unten war und ist die Grundlage für die neoklassische Erklärung der Arbeitslosigkeit. Der Unterschied liegt vielmehr darin, dass Keynes eine allgemeine Lohnsenkung, selbst wenn sie möglich wäre, für ein ungeeignetes Mittel der Beschäftigungspolitik hält: „There is no ground for the belief that a flexible wage policy is capable of maintaining a state of continuous full employment … The economic system cannot be made self-adjusting along these lines“ (Keynes, 1936, S. 267).

Dieses Ergebnis erzielt Keynes im 19. Kapitel seiner „General Theory“, wo er die Wirkungen flexibler Preise und Löhne analysiert. Er nimmt dafür an, das gesamtwirtschaftliche Niveau der Nominallöhne werde gesenkt und daraufhin sinke das Preisniveau, wenn auch in geringerem Umfang (u.a. deswegen, weil bei Keynes in mikroökonomischer Tradition die Unternehmen mit steigenden Grenzkosten produzieren), so dass die Reallöhne ebenfalls sin-ken, wenn auch weniger als die Nominallöhne. Ein historisches Beispiel für eine solche Entwicklung lieferte in Deutschland die Brüning’sche Notverordnung von 1931, wonach alle Tariflöhne und alle Kartellpreise um 10 % gesenkt werden mussten. Da nur ein Teil der Preise auf diese Weise von dieser Verordnung betroffen war, sank das Preisniveau weniger als das Lohnniveau und die Reallöhne gingen zurück.

Diese Veränderungen beeinflussen die Güternachfrage und die Beschäftigung teils positiv, teils negativ. Die auftretenden Effekte sind in der folgenden Tabelle übersichtlich dargestellt. Dabei ist ein Effekt mit aufgeführt, den Keynes nicht nennt, nämlich der Geldvermögenseffekt, auf den erst Pigou (1943) hinweist. Die Übersicht ist so gestaltet, dass jeweils zwei inhaltlich zusammenhängende gegenläufige Effekte gegenüber gestellt sind.

 

Nr. Bezeichnung Auslöser: Änderung der/des Positiver vs negativer Effekt auf dieGüternachfrage
1 Bestands-Effekte Preise Geldvermögens- vs Geldschulden – Effekt
2 Geldmarkt-Effekte Preise Zins-(Keynes)- vs Geldmengen-Effekt
3 Außenhandels-Effekte Preise Export- vs terms of trade-Effekt
4 Verteilungs-Effekte Reallohn +∆I (wegen +∆G)- vs -∆G (wegen -∆L)-Effekt
5 Subjektive Effekte Löhne/Preise Stimmungs- vs Erwartungs-Effekt

 

Die Bestandseffekte (Nr. 1) resultieren daraus, dass bei einem sinkenden Preisniveau der reale Wert der Geldvermögen und der Geldschulden ansteigt. Die Geldvermögensbesitzer haben also an Kaufkraft gewonnen. Dies könnte sie veranlassen, ihre Konsumgüternachfrage zu erhöhen. Ihnen gegenüber stehen die Schuldner, deren reale Schuldenlast sich vergrößert, so dass viele von ihnen sich veranlasst sehen, ihre Ausgaben zu reduzieren, um ihre Schulden weiterhin bedienen zu können. Sie werden also ihre Güternachfrage reduzieren.

Die Geldmarkteffekte (Nr. 2) beruhen ebenfalls auf dem sinkenden Preisniveau: Der Zinseffekt resultiert daraus, dass im Moment der Preisniveausenkung der nominale Wert der Transaktionen in der Volkswirtschaft niedriger wird. Deshalb wird weniger Geld für Transaktionszwecke benötigt. Die so begründete Kassenhaltung geht zurück und damit sinkt bei gegebener Geldmenge der Zins, bis der Geldmarkt wieder ins Gleichgewicht kommt. Diesem bei zinsabhängigen Investitionen positiven Effekt auf die Güternachfrage steht der Geldmengeneffekt gegenüber. Dieser ergibt sich, weil alle, die einen Teil ihrer Ausgaben über Kredite finanzieren (dies betrifft insbesondere die Investitionen der Unternehmen und die Käufe langlebiger Konsumgüter), feststellen, dass sie für die geplanten Käufe wegen des allgemein gesunkenen Preisniveaus weniger Kredite aufnehmen müssen. Dann geht die Kredit- und Geldschöpfung in der Volkswirtschaft zurück. Die Geldmenge fällt geringer aus als ohne die Preissenkung. Da nun die Geldmenge niedriger ist, kompensiert sie ganz oder teilweise die im Rahmen des Zinseffektes verringerte Geldnachfrage, so dass es insgesamt ungewiss ist, ob die Zinsen überhaupt sinken. Ist dies nicht der Fall, gibt es auch keinen positiven Gütermarkteffekt.

Auch die beiden gegenläufigen Außenhandelseffekte (Nr. 3) resultieren aus dem sinkenden Preisniveau, das für die Exportentwicklung günstig ist, weil die inländischen Produkte nun relativ billiger werden. Diesem positiven Effekt kann jedoch ein negativer Effekt gegenüber stehen, der von den relativ teurer gewordenen importierten Gütern ausgelöst wird. Sofern die Nachfrage nach den Importgütern wenig preiselastisch ist (z.B. für Mineralöl und für Nahrungsmittel), müssen die Inländer einen größeren Teil ihres Einkommens für Importgüter ausgeben, so dass für die Nachfrage nach heimischen Produkten weniger Einkommen übrig bleibt. Damit geht die Nachfrage nach heimischen Erzeugnissen zurück. Dies kann den positiven Exporteffekt ausgleichen.

Die Verteilungseffekte (Nr. 4) resultieren aus den gesunkenen Reallöhnen, die bei unveränderter Arbeitsproduktivität eine Umverteilung von den Löhnen zu den Gewinnen bedeuten. Die höheren Gewinne können positiv auf die Investitionstätigkeit einwirken (bei unveränderten Absatzerwartungen könnte dies allerdings mehr Rationalisierungsinvestitionen bedeuten, die zwar kurzfristig zusätzliche Güternachfrage darstellen, nach ihrer Installation jedoch Arbeit durch Kapital ersetzen, also die Beschäftigung verringern), die niedrigen realen Lohneinkommen dämpfen dagegen die Nachfrage nach Konsumgütern.
Als subjektive Effekte nennt Keynes einen Stimmungseffekt und den gegenläufigen Erwartungseffekt: Durch die Lohnsenkung kann die Stimmung der Geschäftsleute verbessert werden, da sie eine solche Maßnahme als eine Einsicht in die wirtschaftlichen Notwendigkeiten – sei es bei der Regierung, sei es bei den Gewerkschaften – interpretieren, wodurch sich ihre Stimmung und damit das Geschäftsklima und die Zukunftsaussichten verbessern. Der entgegengesetzt wirkende Erwartungseffekt tritt ein, wenn mit weiteren Lohn- und Preissenkungen gerechnet wird. Bei einer solchen Erwartung lohnt es sich, Güterkäufe aufzuschieben, um in späteren Perioden von niedrigeren Preisen zu profitieren. Es lohnt sich für die Unternehmen ebenfalls, die Einstellung von Arbeitskräften zu verschieben, weil sie bei bereits eingestellten Arbeitnehmern die Entlohnung nicht so einfach reduzieren können wie bei Neueinstellungen.

Insgesamt ist es nicht möglich, angesichts dieser gegenläufigen Effekte das Vorzeichen der Beschäftigungswirkung flexibler Preise und Löhne vorherzusagen. Dieses Ergebnis war für Keynes zentral, wie auch Kahn, der in der Erläuterung zu Nr. 9 erwähnte Mitstreiter von Keynes, berichtet: „Keynes was mainly concerned, in the General Theory, with the failure of economists and others to appreciate the reluctance of money wages to fall and to realize that even if they did fall, unemployment would not be diminished, except in industries subject to competition with overseas suppliers“ (Kahn, 1978, S. 554).

D) Wirtschaftspolitische Schlussfolgerungen

Aus dem Fehlen eines endogenen Stabilisierungsmechanismus, der die starken Schwankungen der Investitionstätigkeit ausgleichen könnte, folgert Keynes (1936, S. 320): „Die Aufgabe, das Volumen der Investitionen zu steuern, kann nicht in privaten Händen gelassen werden.“ Keynes meint allerdings, die Geldpolitik werde nicht immer in der Lage sein, diese Steuerungsaufgabe erfolgreich zu übernehmen. Schon 1933 hatte er in einem „Open Letter„ (C.W., Vol. XXI, S. 289-297) geschrieben: In der Depression sei der Versuch, durch bloße Vermehrung der Geldmenge Produktion und Einkommen zu steigern, mit dem Versuch vergleichbar, dadurch dicker zu werden, dass man sich einen längeren Gürtel kauft. Entscheidend sei es vielmehr, dass von dieser Geldmenge auch Gebrauch gemacht und mehr Geld für Güter ausgegeben wird.

Wegen dieser Grenzen der Geldpolitik müssen nach Ansicht von Keynes auch die Staatsausgaben und -einnahmen konjunkturpolitisch eingesetzt werden, um Einkommen und Beschäftigung zu steuern. Diese wirtschaftspolitische Forderung erhebt Keynes freilich nicht als erster. Ganz im Gegenteil befürworteten damals viele Ökonomen öffentliche Ausgabenprogramme zur Senkung der Arbeitslosigkeit (s. Morgan, 1978, S. 2). Das Problem war jedoch, dass diese Forderung sich vor Keynes nicht aus der ökonomischen Theorie ableiten ließ, sondern ihr eher widersprach. Blaug formuliert daher die Quintessenz des Beitrags der Keynesschen Theorie zur Wirtschaftspolitik so (1978, S. 690/91): „… the Keynesian Revolution succeeded because Keynes produced the policy conclusions most economists wanted to advocate anyway, but it produced these conclusions as logical inferences from a tightly knit if not always consistent theory, and not as endless epicycles on a full employment model of the economy“.
Ziel dieser wirtschaftspolitischen Empfehlungen ist die Steuerung des Investitionsvolumens. Damit verfolgt er das Ziel, das kapitalistische System mit seiner privaten Verfügungsmacht über die Produktionsmittel zu erhalten, indem es für den Kampf zur Überwindung der Arbeitslosigkeit leistungsfähiger gemacht wird. Daher fordert er die Erweiterung der Aufgaben des Staates: „… as the only practical means of avoiding the destruction of existing economic forms in their entirety and as the condition of the successful functioning of individual initiative“ (1936, S. 380).

Keynes möchte also das kapitalistische System mit seinen individuellen Entscheidungsrechten wegen seiner Effizienzvorteile erhalten wissen, die aus der Dezentralisierung der Entscheidungen und dem „Spiel des Eigeninteresses“ resultieren. Vor allem aber sei das individualistische System der beste Garant der persönlichen Freiheit, indem es – verglichen mit jedem anderen System – einen größeren Freiraum für die Ausübung persönlicher Entscheidungen bietet (vgl. ebenda).

Die wesentliche wirtschaftspolitische Schlussfolgerung aus seiner Analyse besteht also in der Forderung nach einer indirekten geld- und fiskalpolitischen Globalsteuerung der Investitionen und der Konsumgüternachfrage. Diese Nachfragesteuerung soll sich auf die Globalgrößen privater Konsum, private Investitionen und eventuell Exporte sowie Importe beziehen und sie soll mit indirekten Mitteln erfolgen, die den privaten Entscheidungsträgern Anreize geben oder Belastungen auferlegen (Subventionen, Prämien, Steuern), sie aber nicht „direkt“ zu einer bestimmten Verhaltensweise verpflichten.

Vor dem Hintergrund der dauerhaften hohen Arbeitslosigkeit in England zwischen den beiden Weltkriegen hält Keynes dabei eine bloße Dämpfung der Fluktuationen, die die durchschnittliche Höhe der Gesamtnachfrage unverändert lässt, nicht für ausreichend. Vielmehr fordert er eine gleichmäßigere Einkommensverteilung, also eine Einkommensumverteilung zugunsten der Bezieher niedriger Einkommen mit hoher Konsumquote, und eine Reduzierung des Zinsniveaus: „If capitalist society rejects a more equal distribution of incomes and the forces of banking and finance succeed in maintaining the rate of interest somewhere near the figure which ruled on the average during the nineteenth century [… ], then a chronic tendency towards the underemployment of resources must in the end sap and destroy that form of society“ (1937, S. 132)

 

Literaturhinweise

Eine Darstellung der makroökonomischen Kreislaufzusammenhänge auf der Grundlage der Theorie von Keynes wird in allen Lehrbüchern der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre und der makroökonomischen Theorie gegeben. Allerdings weicht diese von dem ursprünglichen Theoriegebäude von Keynes häufig in vielen, teilweise auch zentralen Punkten ab, indem stattdessen eine Variante der Neoklassischen Synthese (s. die entsprechende Rubrik auf dieser Website) präsentiert wird.

Die beste kürzere Darstellung der Theorie von Keynes in deutscher Sprache findet man in den Teilen II und III des Beitrags von Scherf (1989) über John Maynard Keynes zu dem von Starbatty 1989 herausgegebenen Band „Klassiker des Ökonomischen Denkens“. Deutlich länger ist der ebenfalls empfehlenswerte Beitrag von Oliver Landmann (1976). Darüber hinaus empfiehlt sich als einführende Lektüre das knapp gehaltene Buch von Gerhard Willke (2002) aus der Reihe der Campus-Einführungen sowie das schmale Taschenbuch von Harald Scherf über „Marx und Keynes“ (1986).

Den Beitrag von Scherf finden Sie auf dieser Website: Scherfi_pdf1

Für eine neue Auflage der „General Theory“, die der Verlag Palgrave-Macmillan im Jahre 2007 herausgebracht hat, hat Paul Krugmann eine mehrseitige, sehr lesenswerte und aktuelle Einleitung geschrieben, die unter

Linkout2https://www.pkarchive.org/economy/GeneralTheoryKeynesIntro.html

gelesen und ausgedruckt werden kann.

 

Die deutsche Fassung dieses Betrags finden Sie auf unser Website :

Einleitung von Paul Krugman zur Allgemeinen Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes von John Maynard Keynes

 

zitierte Literatur:

Blaug, M. (1978): Economic Theory in Retrospect, 3. Aufl., London.

Blanchard, Oliver /D. Leigh (2018)
Growth Forecast Errors and Fiscal Multipliers. NBER Working Paper NR 18.779. Washington (NBER)

Horn Gustav u.a. (2014),
Streitfall Fiskalpolitik. Eine empirische Auswertung zur Höhe des Multiplikators. IMK Report Nr. 92 Düsseldorf (April 2014)

Illing, Gerhard/ Watzka, Sebastian (2013)
Fiscal Multipliers and Their Relevance in a Currency Union – A Survey
“German Economic Review”, Vol 15 (2013) S. 259-61

Kahn, Richard (1931), The Relation of Home Investment to Unemployment. Economic Journal, Vol. 41, S. 173-198.

Kahn, R. (1978): Some Aspects of the Development of Keynes’s Thought. Journal of Economic Literature, Bd. 16.

Keynes, John Maynard (1936), The General Theory of Employment, Interest and Money, London (Macmillan), Wiederabgedruckt in: Keynes, J.M., Collected Writings, Vol. X, London u. New York (Macmillan-St. Martins’s Press), 1973.

Keynes, John Maynard (1937), The General Theory of Employment. Quarterly Journal of Economics, Vol. 51, S. 209-223.Wiederabgedruckt in: Keynes, J.M., Collected Writings, Vol. XIV, Part II, S. 109-123, London und New York (Macmillan, C.U.P.) 1973.

Landmann, Oliver (1976), Keynes in der heutigen Wirtschaftstheorie, in: Bombach, Gottfried u.a., Hrsg., Der Keynesianismus, Band I: Theorie und Praxis keynesianischer Wirtschaftspolitik, Berlin (Springer), S. 133-210.

Morgan, Brian (1978), Monetarists and Keynesians. Their Contribution to Monetary Theory. London/Basingstoke (Macmillan).

Priewe, Jan/ Stachelsky, Phillip (2015),
Griechische Depression – wenn die Chefärzte versagen.
WISO direkt, Bonn ( Friedrich Ebert-Stiftung), März 2015

Scherf, Harald (1986), Marx und Keynes. Frankfurt/Main (Suhrkamp).

Scherf, Harald (1989), John Maynard Keynes (1883-1946). In: Starbatty, Joachim (Hrsg.), Klassiker des ökonomischen Denkens, Bd. 2: Von Karl Marx bis John Maynard Keynes. München (Beck).

Willke, Gerhard (2002), John Maynard Keynes. Frankfurt/Main (Campus).