Keynes
Gesellschaft

Tagungen der Keynes-Gesellschaft

Bericht über die 5. wissenschaftliche Tagung der Keynes-Gesellschaft

vom 9.-11. Oktober 2009 an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Hochschule Karlsruhe

 

Mit einer Reihe von aktuellen Fragen zum Keynes’schen Werk sowie zu den Ursachen und Folgen der neuen Finanz- und Weltwirtschaftskrise beschäftigte sich die 5. wissenschaftliche Tagung der Keynes-Gesellschaft, die vom 9.-11. Oktober 2009 an der Fakultät für Wirtschafts­wissenschaften der Hochschule Karlsruhe stattfand. Sie wurde gemeinsam mit dem Arbeitskreis Politische Ökonomie ausgerichtet.

Die Tagung begann am Freitag, 9. Oktober 2009, gegen 13.30 Uhr. Der Rektor der Hochschule Karlsruhe und der Dekan der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften sprachen zunächst Grußworte an die Teilnehmer. Danach eröffnete Hagen Krämer als lokaler Veranstalter mit einigen einleitenden Bemerkungen über die Konzeption und Zielsetzung der Tagung die dreitägige Konferenz.

Über 70 Ökonominnen und Ökonomen von deutschen und ausländischen Hochschulen und Forschungs­einrichtungen waren zu dieser Tagung nach Karlsruhe gekommen, die gemeinsam von Hagen Krämer (Hochschule Karlsruhe) und Harald Hagemann (Universität Stuttgart-Hohenheim) ausgerichtet wurde. Die Teilnehmer, die u.a. aus Australien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Österreich, den Niederlanden, Norwegen und der Schweiz nach Karlsruhe kamen, gingen in rund 30 Vorträgen der Frage nach, was die Lehren von Keynes zur Erklärung und Bekämpfung von Wirtschafts- und Finanzkrisen beitragen können (s. Tagungsprogramm). Außerdem beschäftigte sie, welche Erweiterung und Anpassung der keynesianischen Theorie im Lichte der jüngsten Entwicklungen notwendig sind.

Die aktuellen Entwicklungen in der Weltwirtschaft trugen sicher zu dem großen Interesse bei, auf das die Tagung stieß, die unter dem Titel „Keynes 2.0 „Perspektiven einer modernen keynesianischen Wirtschaftstheorie und -politik“ veranstaltet wurde. Dies schlug sich nicht nur in einer ungewöhnlich großen Zahl von eingereichten Vortragsangeboten, sondern auch in der Presseresonanz dieser Veranstaltung nieder. Das „Handelsblatt“ berichtete in einem längeren Artikel ausführlich über den Verlauf der Konferenz. Zudem erschien anlässlich der Tagung ein Interview mit dem Vorsitzenden der Keynes-Gesellschaft, Jürgen Kromphardt, in den „Badischen Neuesten Nachrichten“.

Als vor zwei Jahren der Beschluss gefasst wurde, eine Tagung zu diesem Thema in Karlsruhe zu veranstalten, war die tiefe Rezession, die im Sommer 2008 einsetzte, noch nicht vorauszusehen. Der rasche und tiefgehende Zusammenbruch der Güternachfrage, der nach den Erschütterungen der Finanzmärkte innerhalb kürzester Zeit einsetzte, zwang Zentralbanken und Regierungen weltweit zum raschen Handeln. Die Belebung der Wirtschaft durch massive Leitzinssenkungen und durch staatliche Konjunkturpakete war nicht zuletzt deshalb so erfolgreich, weil die Wirtschaftspolitik auf die Lehren von John M. Keynes zurückgreifen konnte. Keynesianische Maßnahmen, insbesondere eine expansive Fiskalpolitik, wurden weltweit relativ zügig und mit großem Erfolg eingesetzt.

Keynes schrieb seine wichtigsten Beiträge zur Wirtschaftstheorie unter dem Eindruck der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre. Auf die Bedeutung, die die Große Depression für das Keynes’sche Werk hatte, ging der Vorsitzende der Keynes-Gesellschaft, Jürgen Kromphardt (TU Berlin) ein, der im Rahmen der Tagung am 9. Oktober 2009 seine Keynote-Speech als öffentlichen Vortrag vor rund 200 interessierten Zuhörern hielt. Jürgen Kromphardt zeigte dabei außerdem Parallelen zwischen der damaligen und der jetzigen Krise auf.

Den zweiten Keynote-Vortrag der Konferenz hielt Geoff Harcourt (University of Cambridge). Er referierte am Samstagnachmittag zum Thema: „Post-Keynesian policies for modern capitalism“

Wie der Verlauf der Tagung deutlich machte, ist die von bestimmten Wirtschafs­wissenschaftlern und -politikern vertretene Überzeugung, dass freie und unregulierte (Finanz-) Märkte zu einem Gleichgewicht tendierten und dass allein staatliche Eingriffe zu Marktstörungen führten, durch die jüngste Krise stark erschüttert worden. Die aktuelle Finanzkrise hat vielmehr gezeigt, dass es sich lohnt, die theoretischen Überlegungen von Keynes, die seit den 1970er Jahren sukzessive durch ein konkurrierendes Paradigma verdrängt wurden, wieder stärker zu beachten. Denn die Keynes’schen Analysen und Konzeptionen gehen weit über „Konjunkturpakete“ hinaus, mit denen Keynes‘ Name heute in der Öffentlichkeit vorwiegend verbunden ist. Da Keynes die grundsätzliche Unsicherheit der wirtschaftlichen Entwicklung betonte, Zweifel an der inhärenten Stabilität von Finanzmärkten und an der Annahme der langfristigen Vollbeschäftigung der neoklassischen Wirtschaftstheorie äußerte, bietet seine Theorie einen letztlich fruchtbareren Ansatz für die wirtschaftswissenschaftliche Analyse einer Marktwirtschaft.

In einigen Vorträgen wurde aber darauf verwiesen, dass Keynes‘ Ideen auf die heutige globalisierte Welt mit ihren weltumspannenden und hochkomplexen Finanzmärkten angewendet werden müssen und gefordert, das Keynes’sche Werk zu modernisieren und weiterzuentwickeln. Auf diese Herausforderungen und auf weitere Aspekte der keynesianischen Wirtschaftstheorie werden auch die schriftlichen Beiträge des geplanten Tagungsbands eingehen, der von den beiden lokalen Veranstaltern der „Karlsruher Keynes-Tagung“ herausgegeben und im Herbst 2010 erscheinen wird.

Das Konferenz-Dinner fand am Samstagabend im Restaurant „Au Boeuf“ im nahegelegenen Soufflenheim im Elsass statt, das die Teilnehmer mit zwei Bussen nach kurzer Fahrt erreichten. Die Tagung endete am Sonntag, 11.2 um 13.00 Uhr mit einem Schlusswort von Harald Hagemann, der auf die nächste Jahrestagung der Keynes-Gesellschaft am 15./16. Februar 2010 in Chemnitz hinwies und dem örtlichen Orgnisationstheam der Hochschule Karlsruhe seinen herzlich Dank für die sehr gelungene Organisation der Tagung aussprach.

Hagen Krämer

 

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